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Ausstellung
Dazwischensein 5
Manuela Illera
7. Juni bis 4. Juli 2024

Dazwischensein 5
Manuela Illera
(Möglichkeitsraum)

Manuela Illera
Philipp Gufler
(Filmprogramm)

Ausstellung von 7. Juni bis 4. Juli 2024
Eröffnung Donnerstag, 6. Juni 2024, 18 bis 21 Uhr

Information in English can be found here.

Im Jahr 2024 setzt ‚Dazwischensein’ den gedanklichen Überbau für neun kurze, künstlerische Einzelpräsentationen, die das Thema in seinen verschiedenen Aspekten untersuchen. Dazwischensein kann ein Gedanke, Zustand oder auch ein Gefühl sein. Wir wollen Dazwischensein als Möglichkeit begreifen, mehr zu sehen und verschiedene Sichtweisen gleichzeitig in sich zu erfassen.

Die kolumbianische Künstlerin Manuela Illera entwickelt die Installation ‚Piedras Lunares‘ (Mondsteine) eigens für den DG Kunstraum und knüpft dabei an ihr letztes Projekt ‚Lenguas Solares‘ (Sprachen der Sonne) an, das sie für das Istituto Cervantes in München geschaffen hat. Diese Installation beschäftigt sich mit der spanischen Sprache als Instrument der Kolonialisierung und lenkt die Aufmerksamkeit auf vergessene und unbekannte Muttersprachen aus Südamerika. Es ist das zweite Projekt in einer Reihe ortsspezifischer, dekolonialer Praktiken mit ihrer Diplomarbeit ‚Sentimental Disobedience‘ im Jahr 2023, in der Illera eine neue Lesart der Wandteppiche in der Historischen Aula der Akademie der Bildenden Künste München anregt, die klassische Raffael-Gemälde zeigen: Denkmäler westlicher Vorstellung von Wissen und Schönheit. ‚Piedras Lunares‘ ist nun der dritte Teil in dieser Reihe.

In ihrer künstlerischen Praxis untersucht Illera die Auswirkungen des Kolonialismus auf Kultur- und Machtstrukturen. Die Missionierung des amerikanischen Kontinents vor fünf Jahrhunderten war das Ergebnis eines politischen Ereignisses. Der italienische Seefahrer Christophorus Columbus unternahm vier Reisen für die spanische Krone zwischen 1492 und 1504 auf der Suche nach einem einfachen Seeweg nach Indien. Nach einem Studium der Schriften von Augustinus und Pierre d’Ailly war er der Überzeugung, dass die Welt nur noch 150 Jahre bestehen würde. Er fühlte sich daher berufen das Christentum den Indianern, wie die indigenen Völker Amerikas genannt wurden, zu predigen. Die Evangelisierung Lateinamerikas, die durch die ‚Entdeckungsreisen‘ eingeleitet und durch päpstliche Erlasse verstärkt wurden, führte zur Zwangskonvertierung und Unterwerfung der indigenen Bevölkerung. Bartolomé de Las Casas dokumentierte diese brutalen Praktiken und wies bereits im Jahr 1542 auf die Gewalt und Zerstörung der einheimischen Kulturen hin.

Heute forscht die indigene Wissenschaftlerin Nicolle Torres Sierra im Bereich der Linguistik an der Wiederherstellung von Muysc Cubun, der Muttersprache des heutigen Bogotá. Torres Sierra ist Mitglied der Muysca-Gemeinschaft von Suba, einem Gebiet, das seit mehr als 100 Jahren ein indigenes Reservat ist. Die Wiederherstellung der Bräuche und des Glaubens ihrer Vorfahr*innen wurde durch die Evangelisierungsprozesse zu einem sehr schwierigen Unterfangen. Die Koexistenz der unterschiedlichen Kulturen hat zu einer Mischung von Glaubenssätzen und Synkretismen geführt, die die indigene Kultur für immer verändert haben.

Illera arbeitet bewusst mit Expert*innen, anderen Künstler*innen, Designer*innen und Mitgliedern der genannten Communities in diesem Projekt zusammen, um ihrer Praxis vielfältige Perspektiven zu verleihen und es den Besucher*innen zu ermöglichen, verdrängte Kulturgeschichten durch Klang- und Bildsprache zu erkunden. In ‚Piedras Lunares‘ ähneln die zentralen Gestaltungselemente – ein Fledermauskopf und ein ‚Tunjo‘ (Votivfigur) – Kirchenfenstern. Diese Symbole, die auch in den bewegten Bildern vorkommen, stellen Codes dar, die westliche Betrachter*innen für alternative Sichtweisen sensibilisieren wollen und eine spirituelle Wiedergutmachung einfordern.

Basierend auf historischen Dokumenten aus der Kolonialzeit besteht die Klanginstallation aus Audiodateien mit christlichen Gebeten, die aus dem Altkastilischen ins Muysc Cubun übersetzt wurden und von Nicole Torres Sierra in Bogotá aufgenommen wurden. Die christliche Ausrichtung des Ausstellungsraumes ist ein konzeptionelles Element, das dazu beiträgt, dass die Setzung als ortsspezifische, dekoloniale Praktik bezeichnet werden kann.

Mit Atabey Mamasita eröffnet die Künstlerin performativ einen Kraftraum, um sich mit der Geschichte der Christianisierung und den Strategien des Widerstands und der Reparatur, die darauf folgten, auseinanderzusetzen. Zur Finissage werden das Duo Suba Chune (Nicolle Torres und Alejandro Durán) in Begleitung von La Jaguara und El Rayo die Klanginstallation mit traditionellen indigenen Instrumenten aktivieren.

Piedras Lunares‘ (Mondsteine) ist ein Projekt von und mit Manuela Illera (Konzept), Nicolle Torres (Research), Guadalupe Arribas (Design), David Blitz (Klanginstallation), Merlin Stadler (Animation), Atabey Mamita (Performatives Künstleringespräch), Benita Meißner (Kuratorin)

Manuela Illera (*1988 in Bogotá, Kolumbien) lebt und arbeitet in München. Sie studierte Malerei in Buenos Aires und Bildende Kunst an der Universidad Javeriana in Bogotá. Bis 2023 studierte sie Akademie der Bildenden Künste in München bei Prof. Julian Rosefeldt. Illeras Werke sind eng verwoben mit ihrer feministischen Praxis, die durch die migrantische Perspektive geprägt ist. Ihre interdisziplinäre Arbeit beschäftigt sich mit zeitbasierten Medien und der Verbindungen aus Klang- und Darstellenden Künsten. Dabei verarbeitet sie Themen wie Dekolonialität, Queerness, Körper und subversive Identitäten. Illera ist Mitbegründerin der Band ‚Cosmica Bandida‘, Co-Direktorin des dekolonialen Musikfestivals ‚La Retornona‘ in Bogotá und produziert den feministischen Podcast ‚Extravagant Mortals‘.

Gesprächspartner*in: Atabey Mamasita (bürgerl. Carlos Maria Romero *1979) ist Künstler*in und Kurator*in mit Fokus auf Praktiken des kulturellen Erbes, die für historisch marginalisierte Communitys und sozialen Zusammenhalt relevant sind. Unter anderem war Atabey Mamasita Co-Kurator*in am Museu de Arte do Rio in Rio de Janeiro und Kurator*in des Contemporary Dance University Festivals in Bogotá. Aktuell ist Atabey Mamasita Kurator*in für Performative Praktiken im Haus der Kulturen der Welt in Berlin.

Philipp Gufler (*1989 in Augsburg) lebt in Amsterdam und München und studierte an der Akademie der Bildenden Künste in München. In seiner künstlerischen Arbeitsweise vereint Philipp Gufler verschiedene Medien. Darunter fallen Siebdrucke auf Stoff und Spiegel, Künstlerbücher, Performances und Videos. Darüber hinaus spielen der menschliche Körper und Aids eine wichtige Rolle in seinen Kunstwerken, zum Beispiel bei den Videoinstallationen ‚The Responsive Body‘ oder ‚Becoming-Rabe‘. 2015 erhielt er den Bayerischen Kunstförderpreis, 2020 den Medienpreis der Deutschen AIDS-Stiftung und 2021 den niederländischen Royal Award for Painting. Er ist aktives Mitglied im selbstorganisierten Forum Queeres Archiv München. Zuletzt waren seine Arbeiten in der Einzelausstellung ‚Dis/Identificationin‘ in der Kunsthalle Mainz zu sehen.

Filmprogramm
Philipp Gufler
Lana Kaiser, 2020
Film, 13 Minuten
Rory Pilgrim (Musik), Julia Swoboda (Kamera), Nathalie Bruys (Ton), Theo Cook (Grading), Hammann Von Mier Verlag (Begleitende Publikation). In Erinnerung an Lana Kaiser (1985–2018)

Der Münchner Künstler Philipp Gufler widmet seinen Film ‚Lana Kaiser‘ der gleichnamigen Person, die im Jahr 2018 bei einer Kreuzfahrt auf dem Weg nach Nordamerika verschwand. Lana Kaiser ist der angenommene Name der Person, die als Daniel Küblböck vor 20 Jahren in diversen Castingformaten des Privatfernsehens bekannt wurde. Der Film ist eine Kritik an den Medien in Bezug auf die Darstellung von queeren Personen. Gufler arbeitet dabei mit hochemotionalen Collagen, die aus Videoaufnahmen der Fernsehsender und einer eigenen Interpretation der Figur bestehen, und schafft so ein queeres Denkmal.

Manuela Illera
Animal Ventus, 2023
Film, 30 Minuten
León Rivera (Darsteller), Valentina Romero (Make-Up & Kostüm), León Rivera und Cosmica Bandida
(Musik & Sound)

Manuela Illera konzipierte den Kurzfilm ‚Animal Ventus‘ (ebenfalls produziert als Konzept-Musikalbum für Kinder) mit großem Feingefühl gemeinsam mit León Rivera einem migrantischen Jungen. Der Achtjährige lädt uns ein, in seine Welt des Tanzes, der Animalität, Verletzlichkeit, und Wut einzutauchen.

Programm
Eröffnung
Donnerstag, 6. Juni 2024, 18 bis 21 Uhr
Begrüßung und Einführung 19.30 Uhr
Dr. Richard Graupner, Geschäftsführender Vorstand
Benita Meißner, Kuratorin

Power Space Opening
Performatives Künstleringespräch mit Atabey Mamasita
Mittwoch, 26. Juni 2024, 19 Uhr
Die Performance findet auf Englisch statt.

Power Space Closing
Finissage mit Suba Chune und La Jaguara & El Rayo
Donnerstag, 4. Juli 2024, 19 Uhr

Dazwischensein ist ein Projekt in Kooperation mit der Ludwig-Maximilians-Universität München, dem Urner Institut Kulturen der Alpen und der Stiftung Lucerna. Mit freundlicher Unterstützung der Curt Wills-Stiftung und der Förderung des Vereins Ausstellungshaus für christliche Kunst e.V., München. Das Projekt wurde ermöglicht durch das Förderprogramm BBK – Verbindungslinien aus Mitteln des Bayerischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst.

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Abb.: 1–12: Ausstellungsansichten Dazwischensein 5 – Manuela Illera, DG Kunstraum 2024, Fotos: Gerald von Foris, Grading: Guadalupe Arribas
Abb. 13: Dazwischensein 5 – Manuela Illera, DG Kunstraum 2024, Gestaltung: Bernd Kuchenbeiser