DG Kunstraum Diskurs GegenwartDG Kunstraum Diskurs GegenwartDG Kunstraum Diskurs GegenwartDG Kunstraum Diskurs GegenwartDG Kunstraum Diskurs GegenwartDG Kunstraum Diskurs GegenwartDG Kunstraum Diskurs GegenwartDG Kunstraum Diskurs GegenwartDG Kunstraum Diskurs GegenwartDG Kunstraum Diskurs GegenwartDG Kunstraum Diskurs GegenwartDG Kunstraum Diskurs GegenwartDG Kunstraum Diskurs GegenwartDG Kunstraum Diskurs GegenwartDG Kunstraum DiskursGegenwartDG Kunstraum Diskurs GegenwartDG Kunstraum Diskurs GegenwartDG Kunstraum Diskurs GegenwartDG Kunstraum Diskurs GegenwartDG Kunstraum Diskurs GegenwartDG Kunstraum Diskurs Gegenwart

Ausstellung
Dazwischensein 2 
Simona Andrioletti
23. Februar bis 21. März 2024

Im Rahmen des Jahresprogramms ‚Dazwischensein – Möglichkeitsräume‘ laden wir Sie und Euch herzlich ein zur zweiten Ausstellung

Dazwischensein 2
Text me when you get home <3
Simona Andrioletti
(Möglichkeitsraum)

Empfangshalle
Nnenna Onuoha
(Filmprogramm)

Ausstellung von 23. Februar bis 21. März 2024
Eröffnung Donnerstag, 22. Februar 2024, 18 bis 21 Uhr

Im Jahr 2024 setzt das Thema ‚Dazwischensein’ den gedanklichen Überbau für neun kurze, künstlerische Einzelpräsentationen, die es in seinen verschiedenen Aspekten untersuchen. Dazwischensein kann ein Gedanke, Zustand oder auch ein Gefühl sein. Wir wollen Dazwischensein als Möglichkeit begreifen, mehr zu sehen und verschiedene Sichtweisen gleichzeitig in sich zu erfassen.

Für Dazwischensein 2 knüpft Simona Andrioletti im Möglichkeitsraum mit an das Projekt ‚If It Feels Wrong It Is Wrong‘ an, welches sie 2020 als Sensibilisierungskampagne zum Thema geschlechtsspezifische Gewalt ins Leben gerufen hat. Die neue Präsentation ‚Text me when you get home <3′ besteht aus zwölf unterschiedlichen Wolldecken mit Motiven in die sich die Besucher*innen wickeln können, um auf den eigens dafür entworfenen Sitzgelegenheiten zu verweilen. Die gestrickten Motive auf den Decken stehen deutlich im Kontrast zum Gefühl von Wärme und Geborgenheit der Merinowolle. Andrioletti spannt einen großen Bogen von der griechischen Mythologie bis in die Gegenwart und greift bekannte sexuellen Übergriffe der Geschichte, wie Apollo und Daphne, auf. Das aktuellste Beispiel zeigt Italiener*innen in Bologna, die unter dem Aufruf ‚Non una di meno‘ sich den argentinischen Demonstrationen anschließen, die seit 2015 gegen Femizide in ihrem Land auf den Straßen stattfinden.

Die Decken sind im Stil von Fanzines gestaltet, die Mitte der 1950er-Jahre in den USA entstanden sind. Diese Amateur*innenmagazine richteten sich an Fans eines bestimmten Interessengebiets wie Underground-Musik, unabhängige Literatur oder Subkulturen. Sie boten die Möglichkeit, eine Botschaft über ein kostengünstiges Medium, das in Massenproduktion hergestellt werden konnte, einem breiten Publikum zugänglich zu machen. Trotz der starken Botschaften bieten die Decken einen vorübergehenden sicheren Raum für den Geist und werden zu einer symbolischen Barriere zwischen uns und der Außenwelt.

Andrioletti greift in ihrer künstlerischen Arbeit komplexe soziale Dynamiken und Phänomene auf. Sie setzt Sprache und Kunst als Dokumentations- und Kommunikationsmittel ein, um in aktuelle Debatten einzutauchen und ein breites Publikum für diese Themen zu sensibilisieren. Sie versucht auf mehreren Ebenen mit der Gesellschaft in Austausch zu treten, so organisierte sie u.a. Workshops, um sich mit der Situation von Jugendlichen mit benachteiligtem sozialem Hintergrund auseinanderzusetzen. Ihr Augenmerk liegt dabei auf den Subkulturen des Internets und den Sozialen Medien. Durch die ständige mediale Begleitung, sei es in den Nachrichten oder in den Sozialen Medien, gibt es viele „Gelegenheiten“, wie Susan Sontag sagt, „mit dem Schmerz anderer konfrontiert zu werden“. Wen der Schmerz vieler überall und immer präsent ist, lässt er die Bedeutung der einzelnen Ereignisse kleiner werden. Welche Wirkung hat er auf uns? Handelt es sich tatsächlich um etwas Fremdes, das uns nichts angeht? Können wir uns in den Schmerz anderer hineinversetzen oder sind wir inzwischen sogar süchtig danach?

Zur Eröffnung und der Finissage findet eine Performance mit zwei FLINTA* statt, die die künstlerische Installation aktivieren. Dabei wird das Bewegungsrepertoire sowohl die Interaktion mit den Decken selbst als auch die choreografische Darstellung von Bewegungen und Griffen zur Selbstverteidigung und Abwehr von Gewalt umfassen. Begleitet werden die Auftritte von einem Live-Konzert mit der Sängerin und Aktivistin Gündalein.

Das Projekt wurde ermöglicht durch das Förderprogramm BBK – Verbindungslinien aus Mitteln des Bayerischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst.

Dazwischensein ist ein Projekt in Kooperation mit der LMU, Ludwigs-Maximilians-Universtität München, Urner Institut Kulturen der Alpen‘ und der Stiftung Lucerna. Mit freundlicher Unterstützung der Curt Wills-Stiftung und der Förderung des Vereins Ausstellungshaus für christliche Kunst e.V., München.

Simona Andrioletti (*1990 in Bergamo) lebt und arbeitet in München und Mailand. Sie studierte an der Akademie der Bildenden Künste in München bei Olaf Nicolai und Gregor Schneider und der Accademia di Belle Arti di Brera Milan bei Gianni Caravaggio. Andriolettis Arbeiten wurden international in Museen und Kunstinstitutionen ausgestellt, darunter Villa Stuck, Lothringer13, Kunstverein, Federkiel Stiftung, Nir Altman Galerie in München, MACRO Museum und Mattatoio in Rom, ViaFarini in Mailand, E.ART.H in Verona, Museo del Novecento in Florenz sowie Galerie Réféctoire des Nonnes und Palais Bondy in Lyon.

Gesprächspartnerin: Dr. Claudia Büttner (*1965) ist promovierte Kunsthistorikerin und Kuratorin. Der Schwerpunkt ihrer Vorträge, Publikationen, Beraterinnentätigkeit und Forschung sind alle Formen von Kunst im öffentlichen Raum sowie im Kontext der Architektur. Büttner lehrte Kunstgeschichte an TU Berlin, TU München und an der Kunstuniversität Linz und forscht für das Bundesbauministerium unter anderem zur Kunst am Bau.

Empfangshalle ist das 2000 in München gegründete Künstlerduo Corbinian Böhm (*1966 in München) und Michael Gruber (*1965 in Mallersdorf). Das Duo macht seit 1998 Kunst mitten in der Gesellschaft und mit gesellschaftlichen Strukturen. Die konzeptuellen Arbeiten manifestieren sich in temporären Aktionen, Videoarbeiten, Fotografien oder Skulpturen. Dabei wird das Publikum als aktiver Betrachter mit in die Arbeiten eingebunden. Zahlreiche dieser Projekte wurden für den öffentlichen oder halb-öffentlichen Raum konzipiert, von Schulen über Kirchen bis hin zu einem Gefängnis oder zum Carport der Münchner Abfallwirtschaft und sich über den gesamten Stadtraum erstreckend: 2003 verwirklichte das Duo die Arbeit ‚Woher Kollege Wohin Kollege‘ mit den Müllmännern des Abfallwirtschaftsbetriebs München. Beide leben in München und haben einen Lehrauftrag an der Akademie der Künste und der TU München. Sie engagieren sich seit langer Zeit aktiv beim Bundesverband Bildender Künste BBK.

Nnenna Onuoha (*1993 in Lagos, Nigeria) lebt und arbeitet in Berlin. Die ghanaisch-nigerianische Künstlerin, Autorin und Forscherin ist binationale Doktorandin in Medienanthropologie an der Harvard University sowie in Global History an der Universität Potsdam. Ihre Arbeit erforscht monumentales Schweigen rund um die Geschichte und das Nachleben des Kolonialismus in Westafrika, Europa und den Vereinigten Staaten. Zentral ist die Frage: Wie erinnern wir uns, welche Vergangenheiten möchten wir zeigen und warum? Ihre Praxis konzentriert sich auf afrodiasporische Stimmen und dreht sich um Prozesse des kollektiven Erinnerns; das Zusammenfügen der Vergangenheit Stück für Stück. Ihre Arbeiten wurden unter anderem in der Galerie im Turm, der Galerie im Körnerpark, dem Kunstverein Hamburg, dem KW Institute for Contemporary Art, dem Museum of Modern Art Shanghai und der Johannesburg Art Gallery gezeigt. Zuletzt erhielt sie den Preis der Amadeu Antonio Stiftung 2023.

Filmprogramm
Empfangshalle
3 Sekunden, 1999
Film, 2:41 Minuten

Nnenna Onuoha
The A‑Team, 2021
Film, 17 Minuten

Nnenna Onuoha
Rosenfelde, 2021
Film, 5 Minuten

Programm
Eröffnung mit Performance
Donnerstag, 22. Februar 2024, 18 bis 21 Uhr
Einführung 19 Uhr
Lioba Leibl, Mitglied des Geschäftsführenden Vorstands
Benita Meißner, Kuratorin
Performance 19.30 Uhr
Simona Andrioletti (Konzept), Nicola Kötterl (Choreografie), Wiebke Dobers und Eléonore Barbara Bovet (Performance), Gündalein (Gesang), Nicolas Maximilian (Musik), Noah Kretschmann (Beat), Felix Neumann (Grafikdesign)

Simona Andrioletti im Gespräch mit Dr. Claudia Büttner
Donnerstag, 7. März 2024, 19 Uhr

Finissage mit Performance
Donnerstag, 21. März 2024, 19 Uhr

Abb 1–7 Ausstellungsansicht Dazwischensein 2, Simona Andrioletti, Text me when you get home <3, DG Kunstraum 2024, Foto: Gerald von Foris
Abb 8 Poster Dazwischensein 2, DG Kunstraum 2024, Gestaltung: Bernd Kuchenbeiser 

Plakat 
Dazwischensein 2
Simona Andrioletti

limitierte Auflage (10 Stück)
DIN A0, ca. 80 x 120 cm 
EUR 5,-
erhältlich im DG Kunstraum

Jahresprogramm Kalender
Dazwischensein
Möglichkeitsräume 2024


Dazwischensein
Möglichkeitsräume 2024

Mit dem Jahresprogramm 2024 steht nicht nur die Förderung der Künste im Fokus, sondern auch die Intensivierung des Diskurses von Mensch und Gegenwart. Für den DG Kunstraum heißt das, sich in ein diskursives Spannungsfeld zu bewegen. Auf welche Weise kann ein Ausstellungsraum auf die Entwicklungen einer Gesellschaft reagieren? Wie entsteht ein einladendes Umfeld, sodass Menschen ins Gespräch kommen, neue Ideen und Perspektiven entwickelt werden können oder man einfach nur ein wenig die Seele baumeln lassen kann? Mit ‚DazwischenSein‘ möchten wir diesen Fragen nachgehen und einen Vermittlungsraum schaffen, der Ausstellungsraum bleibt, aber auch zum Verweilen einlädt.

Der Kalender (Publikation Nr. 160) erscheint als Vorschau auf das Jahresprogramm ‚Dazwischensein – Möglichkeitsraum 2024‘ mit neun Präsentationen der Künstler*innen Simona Andrioletti, Cana Bilir-Meier, Katrin Bittl, Sandra Boeschenstein, Judith Egger, Manuela Illera, Bettina Khano, Viron Erol Vert, Andrea Wolfensberger im DG Kunstraum der Deutschen Gesellschaft für christliche Kunst e.V., vom 19. Januar bis Dezember 2024.

Der Kalender ist ab sofort für € 9,00 im DG Kunstraum zu erhalten oder bestellbar (plus Porto bei Versand) unter info@dg-kunstraum.de

Herausgeber*innen: Benita Meißner, Dr. Walter Zahner (1. Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für christliche Kunst e.V.)
Texte: Künstler*innen, Benita Meißner, Daniela Lange
Lektorat: Daniela Lange
Gestaltung: Bernd Kuchenbeiser
Druck: DZA Druckerei zu Altenburg

© Abbildungen
Künstler*innen, außer:
Treibgut Materialinitiative e.V. S. 298/299
Gerald von Foris S. 297, 300
© Texte
Autorinnen, Deutsche Gesellschaft
für christliche Kunst e.V.
© VG Bild-Kunst, Bonn 2023 für die Werke
von Fabian Hesse, Viron Erol Vert, Mitra Wakil

Gestaltung: Bernd Kuchenbeiser, Fotos: Daniela Lange

Ausstellung
Dazwischensein 1
Bettina Khano
19. Januar bis 15. Februar 2024

Im Rahmen des Jahresprogramms ‚Dazwischensein – Möglichkeitsräume‘ laden wir Sie und Euch herzlich ein zur ersten Ausstellung

Dazwischensein 1
Bettina Khano
(Möglichkeitsraum)

Karen Irmer
Sven Johne
(Filmprogramm)

Ausstellung von 19. Januar bis 15. Februar 2024

Im Jahr 2024 widmet sich der DG Kunstraum in neun aufeinanderfolgenden künstlerischen Präsentationen einem einzigen Thema: ‚Dazwischensein‘ – das kann ein Gedanke, Zustand oder auch ein Gefühl sein, es ist auf jeden Fall symptomatisch für eine Vielzahl an Themen, die die heutige Gesellschaft beschäftigen. Wir wollen Dazwischensein als Möglichkeit begreifen, mehr zu sehen und uns darauf einzulassen. Auf welche Weise kann ein Ausstellungsraum auf die Entwicklungen einer Gesellschaft reagieren? Wie entsteht ein einladendes Umfeld, sodass Menschen ins Gespräch kommen, neue Ideen und Perspektiven entwickelt werden können oder man einfach nur ein wenig die Seele baumeln lassen kann? Die Kunst hat das Potential uns ins Ungewisse zu leiten und Fragen aufzuwerfen. Mit Dazwischensein möchten wir diesen Fragen nachgehen und einen Vermittlungsraum schaffen, der Ausstellungsraum bleibt, aber auch zum Verweilen einlädt.

Eine vorhangähnliche Intervention ‚Hemdchen´ von Bettina Khano teilt die Räumlichkeiten in einen Diskursraum und den Möglichkeitsraum. Der Diskursraum lädt mit seinen eigens dafür konzipierten Sitzmöbeln ein, sich mit dem kuratierten Filmprogramm und einem begleitenden Buchangebot auseinanderzusetzen. In diesem Raum laden wir auch zu Gesprächen mit jeweils einem*r Geisteswissenschaftler*in ein.

Den ersten Möglichkeitsraum bespielt Bettina Khano, die mittig ein viereckiges Stahlgerüst platziert, das von einem Geflecht aus langen, bräunlichen PVC-Streifen überzogen ist. Aus einiger Entfernung blickt eine getufte schwarze Maske, die an ein übergroßes Gesicht erinnert, auf die Konstruktion im Raum. Auf dem Boden verstreut liegen Objekte aus Glas, die Erinnerungen an herabgefallene Blätter aufrufen doch gleichzeitig eine durch Gewalt zerbrochene Flasche zu erkennen ist. Die Szene hat etwas postapokalyptisches und gleichzeitig auch ganz Urtümliches: die Zeltkonstruktion lockt die Betrachter*innen an, die weiche dunkle Maske beobachtet und die Blätter aus Glas unterstreichen die Fragilität der Szene. Die scheinbar zusammenstürzende Zeltkonstruktion lässt Vergleiche mit nicht funktionierenden Systemen aufkommen, die neu überdacht werden sollten.

Bettina Khano nähert sich in ihrem Beitrag dem Thema ‚Denken versus Fühlen‘ an. Sie beschreibt, dass sie sich bei der Konzeption der Werke auf ihre Intuition und das Agieren der Hände konzentriert hat, um das Rationale in den Hintergrund treten zu lassen. Bestimmte Regionen unseres Gehirns sind mit kognitiven Funktionen verbunden, während andere mit emotionalen Prozessen in Verbindung stehen. In vielen Situationen arbeiten Denkprozesse und emotionale Reaktionen Hand in Hand, um menschliches Verhalten zu formen. Daher ist eine ganzheitliche Betrachtung dieser Aspekte oft sinnvoll. Das Sehen und Fühlen wird von der Künstlerin absichtlich in unterschiedliche Richtungen gelenkt: das was wir sehen erscheint vertraut, ist es aber nicht, es entsteht ein wahrnehmbarer Widerspruch. Die einzelnen Objekte sind alle figürlich und haben doch etwas Abstraktes. Es ist wie ein Ende oder auch ein Anfang, ein Dazwischen eben, in dem so viel Potenzial liegt.

Bettina Khanos Vorhang begleitet den DG Kunstraum durch das Jahresprogramm. Ausgangspunkt ist die dünne, gemeine Plastiktüte, da immer noch Teil unserer Konsumwelt, obwohl meistens nur für so kurze Zeit in Gebrauch. Bettina Khano arbeitet oftmals mit industriell genutzten Materialien, die aber in neuem Zusammenhang andere Qualitäten entwickeln und eine Schönheit entfalten, die sie in ihrem üblichen Kontext nicht haben. Ihre Arbeiten beziehen den*die Betrachter*innen nicht nur visuell, sondern mit ihrer gesamten Körperlichkeit und ihren Erfahrungen ein. Emotionen werden oft als Reaktionen auf bestimmte Reize betrachtet, die eine adaptive Rolle im Verhalten spielen können. Existenzialistische Philosophen wie Jean-Paul Sartre betonen die subjektive Erfahrung und die individuelle Verantwortung. Hier könnte das Denken als eine aktive Wahl und das Fühlen als eine authentische Reaktion auf die Welt betrachtet werden.

Das Filmprogramm reagiert auf das Unbehagen und die Fragen, die sich beim Betrachten auftun indirekt. Der Film von Karen Irmer ‚Vom Fischer‘ zeigt das verschwommene Spiegelbild eines Fischers im Wasser. Die Aufnahme spielt mit unseren Sehgewohnheiten und reflektiert die Erkenntnistheorie von Platons Höhlengleichnis. Der*die aufmerksam*er Betrachter*in erahnt im Fall dieser Videosequenz zwar die Existenz einer anderen Welt, offen gelassen wird jedoch, ob er dadurch befähigt wird, aus seinem eigenen Denken und Handeln herauszutreten.

Sven Johne verwebt in seinem Film ‚Vom Verschwinden‘ die Geschichten einer Familie mit der schwindenden Landschaft der Kreidefelsen auf Rügen, die auch schon für mache*n Künstler*in zum Sehnsuchtsort wurden. Die kindliche Erzählstimme lässt den*die Zuhörer*innen erst nach und nach entdecken, dass es sich nicht um eine beunruhigende fiktive Erzählung handelt, sondern um etwas, das uns tatsächlich in Zukunft erwartet.

Zu den Personen
Bettina Khano (*1972 in Hamburg) arbeitet und lebt in Berlin. Aufgewachsen in Wien, studierte sie Grafik an der Pariser Académie Julien, Freie Kunst an Londons Chelsea College und Kingston University und zeitgenössische Kunstgeschichte an der Manchester University. Khano arbeitet in unterschiedlichen Medien und Materialien wie Glas, Nebel, Spiegel, PVC, Stoff, Video und mit entsorgten Alltagsobjekten. Der Kontext definiert die Materialien, das Projekt spezifiziert ihre Verwendung. Khanos Arbeiten wurden in Europa und den USA gezeigt, u.a. im Oldenburger Kunstverein, MARTa Herford, CCA Andratx, Torrance Art Museum.

Gesprächspartner: Michael Hirsch (*1966 in Karlsruhe) ist promovierter Philosoph, Politikwissenschaftler und Kunsttheoretiker. Er studierte Politikwissenschaft, Philosophie und Neuere Geschichte in Freiburg und Paris. Er lehrt politische Theorie und Ideengeschichte an der Universität Siegen und lebt als freier Autor in München. Zuletzt veröffentlichte er das Buch ‚Kulturarbeit. Progressive Desillusionierung und professionelle Amateure‘.

Karen Irmer (*1974 in Friedberg) studierte an der Akademie der Bildenden Künste München. Irmers Arbeit speist sich aus langen Aufenthalten in der rauen, einsamen Natur und unbewohnten wie karge Gegenden, meist bei schlechter Witterung. Auf der Suche nach Bild- und Filmmaterial reist sie ins arktische Lappland, nach Schottland und Irland und oftmals auf entlegene kleine Inseln. Sie erschafft Werke, in denen die Grenzen zwischen realer und vorgestellter Welt verwischen.

Sven Johne (*1976 in Bergen auf Rügen) ist Fotograf, Regisseur, Drehbuchautor und Filmproduzent. Er studierte Germanistik, Journalismus und Namensforschung an der Universität Leipzig sowie Fotografie an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig. Johnes dokumentarisch-fotografische Konzeptarbeiten spüren Geschichten nach, die zumeist von einer verstörenden Paradoxie geprägt sind: Der Suche nach persönlicher Erfüllung und dem Wunsch, ein gutes Leben zu führen, dem Einfluss und den tiefgreifenden Auswirkungen geschichtlicher Ereignisse auf individuelle Biografien und dem kläglichen Scheitern gesellschaftlicher Modelle und privater Lebensutopien.

Filmprogramm
Karen Irmer
Vom Fischer/The Fisherman, 2015/2016
Film, 11 Minuten

Sven Johne
Vom Verschwinden, 2022
Film, 15:50 Minuten
Sven Johne & Anton Rieloff (Skript), Anton Rieloff (Erzähler), Hilmar Schnick (Geologische Beratung), Dawn Michelle d’Atri (Übersetzung), Steve Kfoury & Sven Johne (Kamera, Beleuchtung), Martin Freitag (Studioaufnahme), Sven Voß & Sven Johne (Schnitt), Sven Voß (Grading, Ton, Untertitel).

Programm

Eröffnung
Donnerstag, 18. Januar 2024, 18 bis 21 Uhr
19.30 Uhr
Begrüßung
Lioba Leibl, Geschäftsführender Vorstand
Einführung
Benita Meißner, Kuratorin

Bettina Khano im Gespräch mit Dr. Michael Hirsch
Donnerstag, 1. Februar 2024, 19 Uhr

Finissage mit Musik von Melis Çom
Donnerstag, 15. Februar 2024, 19 Uhr

Öffnungszeiten während laufender Ausstellungen
Dienstag bis Freitag, 12 bis 18 Uhr
und nach Vereinbarung

Geschlossen: Feiertags, Faschingsdienstag

Abb 1 – 4 Ausstellungsansichten Dazwischensein 1 Möglichkeitsraum Bettina Khano, DG Kunstraum 2024, Fotos: Gerald von Foris
Abb 5 Poster Dazwischensein 1 Möglichkeitsraum Bettina Khano Gestaltung: Bernd Kuchenbeiser
Abb 6 Ausstellungsansichten Dazwischensein 1 Diskursraum mit Filmprogramm von Sven Johne und Karen Irmer, DG Kunstraum 2024, Fotos: Gerald von Foris

Plakat 
Dazwischensein 1
Bettina Khano

limitierte Auflage (10 Stück)
DIN A0, ca. 80 x 120 cm 
EUR 5,-
erhältlich im DG Kunstraum

Dazwischensein
Möglichkeitsräume
Jahresprogramm 2024

DE
Im Jahr 2024 setzt ‚Dazwischensein’ den gedanklichen Überbau für neun kurze, künstlerische Einzelpräsentationen, die das Thema in seinen verschiedenen Aspekten untersuchen. Dazwischensein kann ein Gedanke, Zustand oder auch ein Gefühl sein. Wir wollen Dazwischensein als Möglichkeit begreifen, mehr zu sehen und verschiedene Sichtweisen gleichzeitig in sich zu erfassen.

Mit dem Jahresprogramm steht nicht nur die Förderung der Künste im Fokus, sondern auch die Intensivierung des Diskurses von Mensch und Gegenwart. Für den DG Kunstraum heißt das, sich in ein diskursives Spannungsfeld zu bewegen.

Auf welche Weise kann ein Ausstellungsraum auf die Entwicklungen einer Gesellschaft reagieren? Wie entsteht ein einladendes Umfeld, sodass Menschen ins Gespräch kommen, neue Ideen und Perspektiven entwickelt werden können oder man einfach nur ein wenig die Seele baumeln lassen kann? Die Kunst hat das Potential uns ins Ungewisse zu leiten und Fragen aufzuwerfen. Mit ‚Dazwischensein‘ möchten wir diesen Fragen nachgehen und einen Vermittlungsraum schaffen, der Ausstellungsraum bleibt, aber auch zum Verweilen einlädt.

Die vorhangähnliche, im Verlauf variierende Intervention ‚Hemdchen´ von Bettina Khano teilt die Räumlichkeiten in einen Diskursraum und den Möglichkeitsraum mit Werken von neun Künstler*innen.

Dazwischensein 1–9
Möglichkeitsräume
2024
(1) Bettina Khano – 19. Januar bis 15. Februar
(2) Simona Andrioletti – 23. Februar bis 21. März
(3) Viron Erol Vert – 29. März bis 25. April
(4) Andrea Wolfensberger – 3. Mai bis 29. Mai
(5) Manuela Illera – 7. Juni bis 4. Juli
(6) Katrin Bittl – 12. Juli bis 8. August
(7) Sandra Boeschenstein – 6. September bis 2. Oktober
(8) Judith Egger – 11. Oktober bis 7. November 
(9) Cana Bilir-Meier – 15. November bis 12. Dezember 

Eröffnungen jeweils am Vorabend ab 18 bis 21 Uhr

Gesprächspartner*innen
Simon Biallowons, Dr. Claudia Büttner, Dr. Michael Hirsch, Thorsten Nolting, Prof. Dr. Daria Pezzoli-Olgiati, Prof. Dr. Boris Previšić, Carlos Maria Romero aka Atabey, Dr. Ulrich Schäfert, Christian Uhle.

Filmprogramm
Thomas Bratzke, Lion Bischof, Franziska Cusminus, Empfangshalle, Philipp Gufler, Manaf Halbouni, Manuela Illera, Karen Irmer, Sven Johne, Yulia Lokshina, Judith Neunhäuserer, Nnenna Onuoha, Sonya Schönberger u.a..

In Kooperation mit
Institut Kulturen der Alpen
Stiftung Lucerna
Marco Volken (Alpine Fotografie)
pre-art
Lehrstuhl für Religionswissenschaft und Religionsgeschichte, LMU München 

Öffnungszeiten während laufender Ausstellungen
Dienstag bis Freitag, 12 bis 18 Uhr
und nach Vereinbarung

Geschlossen: Feiertags, Faschingsdienstag


Abb 1 Ausstellungsansicht Dazwischensein 1 Bettina Khano, DG Kunstraum 2024, Fotos: Gerald von Foris
Abb 2 Jahresvorschau Dazwischensein 1 – 9. Möglichkeitsräume 2024, Gestaltung: Bernd Kuchenbeiser
Abb 3 Bettina Khano, Hemdchen, 2023 (Ausschnitt), Vorhang aus Kunststoff, 642×345cm

EN
In 2024, ‚Dazwischensein‘ (Being in between) will provide the intellectual superstructure for nine short, individual artistic presentations that examine the topic in its various aspects. Being in between can be a thought, state or even a feeling. We want to understand being in between as an opportunity to see more and to grasp different perspectives at the same time.

The annual program not only focuses on promoting the arts, but also on intensifying the discourse on people and the present. For the DG Kunstraum this means moving into a discursive field of tension.

In what way can an exhibition space react to the developments of a society? How does an inviting environment arise so that people can talk, new ideas and perspectives can be developed or you can just unwind for a while? Art has the potential to lead us into the unknown and raise questions. With ‚Dazwischensein‘ we want to explore these questions and create a mediation space that remains an exhibition space, but also invites you to linger.

The curtain-like intervention ‚Hemdchen‘ by Bettina Khano, which varies over time, divides the space into a space of discourse and the ‚Möglichkeitsraum‘ (a space of possibility) with works by nine artists.

Dazwischensein 1–9
Spaces of possibility
2024
(1) Bettina Khano – January 19th to February 15th
(2) Simona Andrioletti – February 23rd to March 21st
(3) Viron Erol Vert – March 29th to April 25th
(4) Andrea Wolfensberger – May 3rd to May 29th
(5) Manuela Illera – June 7th to July 4th
(6) Katrin Bittl – July 12th to August 8th
(7) Sandra Boeschenstein – September 6th to October 2nd
(8) Judith Egger – October 11th to November 7th
(9) Cana Bilir-Meier – November 15th to December 12th

Openings the evening before from 6 p.m. to 9 p.m

Interlocutors
Simon Biallowons, Dr. Claudia Büttner, Dr. Michael Hirsch, Thorsten Nolting, Prof. Dr. Daria Pezzoli-Olgiati, Prof. Dr. Boris Previšić, Carlos Maria Romero aka Atabey, Dr. Ulrich Schäfert, Christian Uhle.

Film program
Thomas Bratzke, Lion Bischof, Franziska Cusminus, Empfangshalle, Philipp Gufler, Manaf Halbouni, Manuela Illera, Karen Irmer, Sven Johne, Yulia Lokshina, Judith Neunhäuserer, Nnenna Onuoha, Sonya Schönberger and others.

In cooperation with
Institut Kulturen der Alpen
Stiftung Lucerna
Marco Volken (Alpine Fotografie)
pre-art
Lehrstuhl für Religionswissenschaft und Religionsgeschichte, LMU München 


Fig 1 Exhibition view of Dazwischensein 1 Bettina Khano, DG Kunstraum 2024, photos: Gerald von Foris
Fig 2 Annual preview of Dazwischensein 1 – 9. Möglichkeitsräume 2024, design: Bernd Kuchenbeiser
Fig 3 Bettina Khano, Hemdchen, 2023 (detail), plastic curtain, 642×345cm

Re* 2024
Vortragsreihe zum Thema
Nachhaltigkeit im Bausektor

#rethink #refuse #reduce #repair #reuse #refurbish #remanufacture #repurpose #recycle #recover

Unter dem Titel ‚Re*‘ laden der DG Kunstraum, der Fachbereich Kunstpastoral der Erzdiözese München und Freising sowie das Kunstreferat der Evangelischen Kirche in Bayern zu einer Veranstaltungsreihe rund um das drängende Thema der Nachhaltigkeit im Bausektor ein. 

Die unterschiedlichen Potenziale von Institution und Innovation treffen aufeinander und daraus können neue Synergien in den Bereichen der Ökonomie, Ökologie und der Nutzung erwachsen. Jeweils zwei Referent*innen sprechen über ihr Engagement in diesem Bereich. Im Fokus steht eine nachhaltig-lebenswerte Zukunft in unseren Städten, es geht um Reduktion, Wiederverwendung, Recycling, Reparatur, Transformation und Neudenken.

Die Ausstellung ‚One Planet, One Family‘ von Anna Heringer 2023 bildete den Ausgangspunkt der neuen Veranstaltungsreihe rund um das drängende Thema der Nachhaltigkeit im Bausektor. Die Re*-Reihe mündet ebenso wie die Kooperation mit Prof. Uta Graff am Lehrstuhl für Entwerfen und Gestalten an der TU München und dem Projekt ‚Ressource Research Reset – Architektonische Transformationen sakraler Räume’ im Jahr 2025 in eine gleichnamige Ausstellung im DG Kunstraum.

Die Vortragsreihe sieht vor, dass jeweils zwei Referent*innen in Austausch treten. Dabei möchten wir Institution mit Innovation in Kontakt bringen. Wir bieten eine Plattform, um offen ins Gespräch zu kommen, was ist möglich, welche Bedürfnisse und Hürden gibt es auf der einen Seite und welche Möglichkeiten und Ideen gibt es auf der anderen Seite.

Dabei werden unter anderem die Aspekte der Ökonomie, Ökologie und der Nutzung betrachtet. Die Ökonomie bezieht sich auf die wirtschaftlich sinnvolle Nutzung der Gebäude, über dessen gesamten Lebenszyklus betrachtet. Die Ökologie beinhaltet den ressourcen- und umweltschonenden Bau von Gebäuden, die Vermeidung von Schad- und Risikostoffen, um eine klimafreundliche Bauweise mit einem möglichst geringen CO2-Fußabdruck sowie die Förderung von Biodiversität. Im Fokus des Sozialen stehen die Nutzenden der gebauten Umwelt mit ihrem Wunsch nach Gesundheit, Komfort und Wohlbefinden. 

Im Besonderen blicken wir auf die Kirchen als öffentliche Räume im Kontext des Stadtgefüges. Welche neue Nutzung könnten für die Stadtgesellschaft interessant sein? 
 
Termine
(1)
Dienstag, 18. Juni 2024, 19 Uhr
Dipl. Ing. Univ. Architekt Marinus Kohlhauf, Diözesanbaumeister Erzdiözese München und Freising

mit Breath Earth Collective, Graz, Klima Biennale Pavilion, Wien
Moderation: Dr. Ulrich Schäfert, Kunstpastoral der Erzdiözese München und Freising
Ort: Karmeliterkirche, Karmeliterstraße 1, 80333 München
 
(2)
Donnerstag, 26. September 2024, 19 Uhr
Dipl. Ing. Univ. Stefan Lautner, Leiter des Baureferats der Ev.-Luth. Landeskirche in Bayern

mit Point of No Return (München)
Moderation: Helmut Braun, Kunstreferent der Ev.-Luth. Kirche in Bayern
Ort: DG Kunstraum

(3)
Dienstag, 15. Oktober 2024, 19 Uhr
Stadtbaurätin Prof. Dr. (Univ. Florenz) Elisabeth Merk
mit Prof. Mikala Samsoe, ensømble Studio Architektur, Berlin
Moderation: Benita Meißner, Kuratorin DG Kunstraum
Ort: DG Kunstraum

Form follows availability – die Gestaltung folgt der Verfügbarkeit. Diese Vorgehensweise reduziert den Verbrauch von Ressourcen konsequent und ermöglicht eine wirkliche CO2-Senke. Die sichtbar andere Ästhetik, die unsere Sinneseindrücke anregt, kann eine Quelle für Erkenntnisse sein.“
Prof. Amandus Samsøe Sattler, ensømble studio architektur

Eine Kooperation von
DG Kunstraum Diskurs Gegenwart
Kunstpastoral der Erzdiözese München und Freising
Kunstreferat der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern

Sondertermine in Kooperation mit
Stiftung Weiter-Denken. Protestantische Kultur und Stadtgesellschaft
Lehrstuhl für nachhaltige Entwicklung von Stadt und Land, TUM


Dienstag, 4. Juni 2024, 18.30 Uhr
Die Improvisation von Raum
Lecture Performance mit Vibraphon
Prof. Dr. Christopher Dell, Musiker, Komponist und Urban Design Theoretiker, Direktor des Instituts für Improvisationstechnologie (ifit), Berlin
mit Sebastian Klawiter, Architekt ByAK, Wissenschaftlicher Mitarbeiter TUM-Sustainable Urbanism
Ort: Auferstehungskirche, Gollierstraße 55, 80339 München

Dienstag. 25. Juni 2024, 18.30 Uhr
Obsolete Stadt – Räume für Transformation
Ina Laux, Dipl.-Ing. Univ., Architektin BDA, Stadtplanerin DASL, Geschäftsführende Gesellschafterin Laux Architekten GmbH, Juryvorsitzende des Wettbewerbs ‚Fritz District‘ Neuperlach
mit Dipl.-Ing. Sabine Tastel, Institut für urbane Entwicklungen, Universität Kassel
Ort: Auferstehungskirche, Gollierstraße 55, 80339 München

Abb. 1: Breathe Earth Collective, Temporäres Walderlebnis im Universalmuseum Joanneum in Graz 2016, Foto: Bernhard König
Abb. 2: Breathe Earth Collective, Klima-Kultur Pavillon Graz 2020, Foto: Bernhard König
Abb. 3: Ausstellungsansicht Anna Heringer, ‚One Planet, One Family‘, DG Kunstraum 2023, Foto: Gerald von Foris

DG Kunstpreis – Gebhard Fugel Preis 2023
Architektin Anna Heringer

Im Rahmen der Ausstellung ‚One Planet, One Family‘ wird Anna Heringer mit dem DG Kunstpreis 2023 ausgezeichnet.

Anna Heringer (*1977 in Rosenheim) ist eine deutsche Architektin, die als eine Vorreiterin des Nachhaltigen Bauens gilt. Sie realisierte weltweit Projekte mit lokalen Handwerker*innen unter Berücksichtigung traditioneller Bauformen und Baustoffen wie Lehm. Sie hat einen UNESCO-Lehrstuhl inne und jüngst (2022) das Bundesverdienstkreuz verliehen bekommen.

Die Deutsche Gesellschaft für christliche Kunst teilt Heringers ökologische und soziale Haltung, die ihrer Arbeit zu Grunde liegt. Anna Heringer arbeitet immer mit dem Vorgefundenen vor Ort, hat aber auch einen ausgeprägten eigenen ästhetischen Stil. Entscheidend sind die gemeinschaftliche Arbeit, die natürliche Bauweise sowie ein nachhaltiger Materialkreislauf, der zukunftsträchtig ist. Mit dem DG Kunstpreis 2023 würdigen wir dieses besondere Werk.

In ihrer Ausstellung ‚One Planet, One Family‘ wird die Bandbreite ihrer unterschiedlichen Architekturprojekte vorgestellt, die in den letzten Jahren in Asien und Afrika, aber auch im deutschsprachigen Raum konzipiert und realisiert wurden.

Eröffnung und Preisverleihung
Donnerstag, 16. November 2023, 18 bis 21 Uhr
19 Uhr DG Kunstpreis-Verleihung, Dr. Ulrich Schäfert, Geschäftsführender Vorstand
19.15 Uhr Impulsvortrag, Anna Heringer

Abb.: Anna Heringer, Foto: Gerald von Foris

Publikation zur Ausstellung
Doppelpass VI
,Deine Hand auf meiner Schulter‘

Katalog 159 erscheint begleitend zur Ausstellung ‚Deine Hand auf meiner Schulter‘ der Künstlerinnen Judith Hummel und Esther Zahel in der Reihe Doppelpass im DG Kunstraum der Deutschen Gesellschaft für christliche Kunst e.V., vom 9. September bis 9. November 2023.

Der Katalog ist ab sofort für € 9,00 im DG Kunstraum zu erhalten oder bestellbar (plus Porto bei Versand) unter info@dg-kunstraum.de

Herausgeber*innen: Benita Meißner, Dr. Walter Zahner (1. Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für christliche Kunst e.V.)
Texte: Sophie-Charlotte Bombeck, Benita Meißner, Dr. Ulrike Wörner von Faßmann
Lektorat: Daniela Lange
Gestaltung: Bernd Kuchenbeiser Projekte
Druck: DZA Druckerei zu Altenburg
Fotos und Filmstills: Laura Kansy (2, 3, 4, 5, 7, 8, 9, 12, 13, 14, 19), Gerald von Foris (1, 6, 10, 11, 15, 16, 17, 18, 20, 22, 24, 25, 27, 28, 29, 31), Peter Zahel (21, 23, 26, 30), Daniela Lange (32)

© 2023 Deutsche Gesellschaft für christliche Kunst e.V.
© der Texte liegt bei den Autorinnen
© der Abbildungen liegt bei den Fotograf*innen/Inhaber*innen der Bildrechte

1. Auflage 2023
ISBN 978–3‑932322–62‑4

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://​dnb​.dnb​.de abrufbar.

Geschäftsführerin und Kuratorin: Benita Meißner
Assistenz der Geschäftsführung: Manuela Baur
Kommunikation und kuratorische Assistenz: Daniela Lange

Dank
Vielen Dank den Künstlerinnen und Autorinnen für die Unterstützung des Projekts.

Wir bedanken uns für die großzügige Förderung beim Verein Ausstellungshaus für christliche Kunst e.V., München.


Gestaltung: Bernd Kuchenbeiser

Den Erinnerungen hängt immer etwas Verworrenes an‘
von Benita Meißner
Einführung in den Doppelpass VI



Seit 2015 sprechen wir in Deutschland von einer ‚Flüchtlingskrise‘, die nicht getrennt von Klimawandel, Kriegen und kolonialen Kontinuitäten betrachtet werden kann. Fragen nach Herkunft, Heimat oder dem Zuhause werden vermehrt auch von Künstler*innen aufgegriffen und Themen wie Identität, Rollenbilder sowie Diasporaerfahrungen neu verhandelt. Der Begriff ‚Heimat‘ wird heute extrem aufgeladen besprochen und schürt politische und alltägliche Konflikte sowie existentielle Ängste. Heimat ist aber auch ein übergeordneter Begriff und heutzutage sehr individuell bestimmt, er bezieht sich nicht auf einen einzigen Ort, sondern weitet sich über das Geografische hinaus.

Der Band 291 des Kunstforum International trägt den Titel ‚Heimat – über ein ambivalentes Gefühl‘, die Bundeskunsthalle Bonn widmet eine der zentralen Ausstellungen des Jahres 2023 dem Thema ‚Wer wir sind. Fragen an ein Einwanderungsland‘ mit der Erklärung, dass Migration kein Sonderfall, sondern der Normalzustand sei, zu jeder Zeit und überall auf der Welt. Daran schließt die Ausstellung ‚Deine Hand auf meiner Schulter‘ thematisch an durch eine künstlerische Annährung an die Frage „wo bin ich Zuhause?“. Der Doppelpass VI zeigt die unterschiedlichen Suchbewegungen der beiden Künstlerinnen Judith Hummel und Esther Zahel und lädt ein sich mit der eigenen Familiengeschichte auseinanderzusetzen oder sich ebenfalls auf eine Reise in die eigene Vergangenheit zu begeben.

Migration findet dauernd statt; ein Zustand, der sich aber für die Betroffenen alles andere als normal anfühlt. Viele Personen leben in Deutschland auf Grund der Fluchtbewegungen der Großeltern oder Urgroßeltern. 

Eine auffallend große Fluchtwelle wurde im Herbst 1944 durch Gewaltverbrechen der sowjetischen Soldaten an deutschen Zivilisten ausgelöst. In den Wintermonaten 1944/45 zogen Millionen aus dem Osten, von Pommern bis Rumänien bei Schnee und Kälte zumeist zu Fuß zurück in die ‚alte Heimat‘. So auch Barbara Hummel, eine Donaudeutsche, die im September 1944 aus dem rumänischen Banat, Sackelhausen, über Ungarn nach Österreich floh. Im April 1945 kam sie im österreichischen Münzkirchen an, um nach ihrer dortigen Heirat dann 1952 in Wannweil, Reutlingen, sesshaft zu werden. 

Ihre Enkelin Judith Hummel macht sich seit 2019 in ihrem filmisch-performativen Triptychon ‚Wo komme ich her? Gehen – von Rumänien nach Deutschland‘ auf eine Reise in die Vergangenheit und versucht den Fluchtweg der Großmutter nachzuvollziehen. Begleitet wird sie dabei von Laura Kansy, die die Kamera führt, und ihrer Mutter Margret Hummel. Das geografisch-physische Zurückgehen ist der Motor für Mutter und Tochter, sich über die bestehenden Verbindungen zwischen den Generationen auszutauschen und der Fluchtgeschichte nachzusinnen.

Judith Hummel taucht in die Vergangenheit ein – manchmal körperlich und impulsiv wie in der 2. Filmetappe – um sich den teilweise traumatischen Erlebnissen der Familie, die sich in das System eingeschrieben und ihre Spuren hinterlassen haben, zu stellen. Das Projekt startet zu einem Zeitpunkt als das Gedächtnis der Großmutter zu verblassen beginnt und Tochter und Enkelin beschließen, die vorhandenen Erinnerungen zu sortieren und aufzubewahren. Die drei Filme sind mehr als Etappen einer Reise, es sind Verdichtungen von Erinnerungen und Emotionen.

Während bei Judith Hummel die einzelnen Personen der Familie im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen, schafft Esther Zahel mit ihrer mehrteiligen, raumfüllenden Installation ein fiktives Zuhause, voll vertraut wirkender Möbelstücke, das aber menschenleer ist. Es handelt sich um partiell mit Acryl kolorierte, großformatige Kohlezeichnungen auf Leinwand, die Raumsituationen andeuten. Die zeichnerischen Elemente erwachsen aus eigenen Erinnerungen und bekannten Formen. Über die Einbindung architektonischer Elemente kreiert die Malerin eine Brücke zwischen Narrativ und Realität: Fenster, Tür und Balkongeländer werden ganz selbstverständlich zum Teil des Ganzen. Die Installation zeigt den Mut der Künstlerin prozesshaft zu arbeiten und manches nur anzudeuten.

Ihre Malerei erzählt den Anfang vieler Geschichten und lädt ein diese weiter zu träumen oder mit eigenen Erinnerungen auszumalen. Die einzelnen Bildelemente wurden von der Künstlerin mit Titeln versehen, die sich direkt an dendie Betrachterin wenden, so trägt ein Ensemble aus Tisch und zwei Stühlen den Titel ‚Wir müssen mal reden‘. Die Titel erinnern aber auch an Gedankenfetzen, Fragen oder Notizen aus einem Tagebuch, so lautet der Titel des Bildes mit Balkonelement ‚Laue Morgenluft auf deiner Haut‘ und der Titel für das Küchenbild ‚Der Sauerteig der Schwiegermutter‘. ‚Das Geflecht meiner Wurzeln’ zeigt ein Bücherregal, die Buchrücken sind mit den Namen von Zahels Vorfahren beschrieben. Welche Namen tauchen auch in unseren Stammbäumen auf? Sind die Geschichten der einzelnen Personen in diesen Büchern nachzulesen? Wie wäre mein Bücherregal bestückt?

Deine Hand auf meiner Schulter‘ erzeugt ein inneres Bild einer zärtlichen Berührung zwischen vertrauten Personen, wie zum Beispiel zwischen Mutter und Tochter. Es hat etwas Beschützendes und Liebevolles. Die Begegnung der beiden Künstlerinnen im Ausstellungsraum verbindet sich rücksichtsvoll: die eine baut einen Raum für die Filme der anderen, die wiederum schenkt dem schnörkeligen, gezeichneten Bilderrahmen ein Motiv ihrer Reise. Der Blick über den Balkon führt uns zu einer Knopfinstallation von Judith Hummel, die uns den Weg zur Empore weist, um dort unsere eigenen Gedanken und Assoziationen auf den Postkarten von Judith Hummel zu hinterlassen.

So transformiert sich das Bild der persönlichen Erinnerungen an das Näharchiv in Schachteln von Barbara Hummel in ein gemeinschaftliches Archiv der Besucherinnen, die auf den Rückseiten der Karten sehr persönliche Nachrichten zu ihrer Vorstellung von ‚Zuhausesein‘ hinterlassen. Es ist sind oft eher flüchtige Dinge wie Gerüche oder Geräusche, die ein Zuhause ausmachen: der Geruch von frischem Kaffee oder der Duft von Nivea-Creme der Kindheit, das Geigenspiel des Vaters, manchmal aber auch der sehr private physische Raum, wie das eigene Bett.

Vor dem Verlassen des Ausstellungsraumes haben die Besucher*innen die Möglichkeit das Gesehene im Außenraum noch nachwirken zu lassen in dem sie den Audiowalk aktivieren. Dieser wurde von Ruth Geiersberger und Judith Hummel eingesprochen und lädt zu einer auditiven Erfahrung im Gehen und einem meditativen Spaziergang durch die Stadt ein. Am Ende wird man ermuntert einen der bunten Wollquasten von Barbara und Margret Hummel im Außenraum an einem Ort seiner Wahl zu hinterlassen.

Benita Meißner
Kuratorin

Diesen und weitere Texte können Sie in der Publikation zur Doppelpass VI – Ausstellung ‚Deine Hand auf meiner Schulter‘ lesen.

Abb.: Ausstellungansicht ‚Deine Hand auf meiner Schulter‘, DG Kunstraum 2023, Foto: Gerald von Foris

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Logo Gestaltung: Bernd Kuchenbeiser, Fotos: Daniela Lange

Judith Hummel
Walk With Me
Audiowalk im Rahmen des Doppelpass VI


Wo komme ich her? Gehen – von Rumänien nach Deutschland‘ in der Doppelpass-Ausstellung ‚Deine Hand auf meiner Schulter‘

Hier geht es zum Audiowalk.

In drei Etappen ist Judith Hummel in den Jahren 2019–2023 den Fluchtweg ihrer Großmutter Barbara Hummel aus dem rumänischen Banat 1944 zu Fuß zurückgegangen – im ersten und letzten Teil gemeinsam mit ihrer Mutter Margret Hummel und der Kamerafrau Laura Kansy. Neben einem filmisch-performativen Triptychon, dem Archiv der Schachteln, Texten und einer weiteren Installation, ist dabei ein geführter Audio-Walk entstanden: Der Audiowalk lädt die Besucher*innen zu einer eigenen Erfahrung im Gehen ein. Ein Abschluss kann in ein Schreiben, Reflektieren auf einer Postkarte der Schachteln münden.

Startpunkt
DG Kunstraum

Länge
circa 23 Minuten

Sprecherinnen
Ruth Geiersberger und Judith Hummel

Tonmischung
Nicolas Sierig

Abb. 1 & 5: Ausstellungsansichten ‚Deine Hand auf meiner Schulter‘, DG Kunstraum 2023, Foto: Gerald von Foris
Abb. 2–4: Judith Hummel, Wo komme ich her? Gehen – von Rumänien nach Deutschland. Etappe 3 Österreich – im Niemandsland. Videostills, Foto: Laura Kansy